Ragnaris der Hunne – der letzte Anführer der Goten in Italien
Nachdem der letzte König der Ostgoten im Jahr 552, am Milchberg geschlagen wurde, viel ein großes Heer unter dem merowingische dux von Alamannien Butilin und seinem Bruder Leuthari im Frühjahr 553 in Italien ein. Nach den fraglos übertriebenen Angaben des Agathias umfasste das alamannischen und fränkischen Heer 75.000 Krieger. Sie durchzogen plündernd Italien bis zur Meerenge von Messina, konnten aber im Herbst 554, nachdem sie durch Seuchen bereits geschwächt worden waren, von Narses in einer Schlacht am Casilinus bei Capua völlig vernichtet werden.
Der Rest von 7.000 streitbaren Goten, die mit den Franken verbündet waren zog sich unter Führung von Ragnaris, der auf Grund seiner Tapferkeit und Gewandtheit zum Anführer gewählt wurde nach Campsae, einer Bergfestung nördlich von Salerno zurück. Ragnaris war laut Agathias ein Hunne vom Stamme der Bittuguren.
Narses rückte sofort mit dem byzantinischen Heer vor die Festung. Da Campsae eine starke, auf einem hohen Felsen gelegene Festung war und ein Ansturm somit unmöglich schien, begann er mit der Belagerung. Ausfälle der Goten blieben aber ebenso ohne Erfolg.
Nach Ende des Winters suchte Ragnaris Unterhandlungen mit Narses zu beginnen. Beide Heerführer trafen sich zwischen Kastell und dem Heer der Byzantiner und starteten eine lebhafte Unterhaltung. Als Narses bemerkte das Ragnaris hohe Forderungen stellte und sogar mit seiner Überlegenheit prahlte, beendete er die Unterhandlungen und erklärte einen friedlichen Ausgleich für unmöglich. Ragnaris musste unverrichteter Dinge zu den Seinen zurückkehren.
Was dann geschah beschreibt Agathias so: „Als er schon den Berg hinaufritt und nicht mehr weit von der Mauer entfernt war, spannte er, aus Ärger über seine fehlgeschlagene Hoffnung ganz allmählich und unbemerkt seinen Bogen, wendete sich plötzlich um und schießt auf Narses. Der Pfeil verfehlte sein Ziel, flog vorbei und fiel zu Boden, ohne jemanden zu verletzen. Aber die Strafe folgte der Freveltat des Barbaren auf dem Fuße nach. Denn Narses´ Doryphoren welche empört waren über die Frechheit des Mannes, schossen auf ihn und getroffen sank der Elende zu Boden.“ (Agathias, Historien II, 14)
Ragnaris wurde mit Mühe von seinen Leuten in die Festung getragen, wo er nach zwei Tagen verstarb. Daraufhin verloren die restlichen Goten in der Festung, jede Hoffnung und baten um Schonung ihres Lebens im Austausch für die Festung. Narses sicherte dies zu und schickte die Überlebenden nach Byzanz.
Dies war der letzte wirkliche Widerstand der Goten in Italien, auch wenn sich einige gotische Festungen bis 562 hielten.